Mehr Klimaschutz wagen – auch in Bothfeld-Vahrenheide

  • Veröffentlicht am: 30. Juli 2021 - 18:12

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Bild: Wilfried Glauer

Ein Gespräch mit Wilfried Glauer

Mit der Energiewende sollen erneuerbare Energien, wie Wasser-, Sonnen- und Windenergie bzw. Erdwärme zügig ausgebaut werden. Gerade in den letzten Jahren ist dieser Ausbau leider immer mehr ins Stocken geraten. Dies gilt insbesondere für die Wind-, aber auch für die Solarenergie. Gerade hier können aber auch private Haushalte ihren Teil zur Energiewende beitragen, indem sie z.B. Photovoltaikanlagen installieren. Wenn wir uns die Dächer in Bothfeld-Vahrenheide anschauen, so scheint doch noch viel Potential brachzuliegen. Wilfried Glauer, Mitglied der GRÜNEN, will hier was verändern. Stefan Nolte aus unserem Team der GRÜNEN in Bothfeld-Vahrenheide hat mit ihm gesprochen.

Stefan: Warum hast Du eine Photovoltaikanlage installiert? Wie sagt man so schön „Willst Du die Welt retten“ oder lohnt es sich einfach nur wirtschaftlich?


Bild: JüMa

Wilfried: Als Lehrer an der Integrierten Gesamtschule Roderbruch habe ich in den letzten 20 Jahren mehrere Photovoltaikanlagen zusammen mit Schüler*innen auf den Dächern der Schule installiert und daher lag es nahe, dies auch auf unserem Reihenhaus, in das wir 2010 gezogen sind, zu tun. Im Rahmen der Initiative Bildung für eine nachhaltige Entwicklung haben wir ein Energiemanagement an der Schule von Klasse 1 bis 12 installiert sowie nachhaltige Schülerfirmen und Streitschlichter ins Leben gerufen. Mit diesen Initiativen und der Installation von Photovoltaikanalgen haben wir sogar einen Preis beim Energy Globe Award gewonnen. Uns war es wichtig, dass nicht nur geredet oder appelliert, sondern konkret gehandelt wird.

Stefan: Wie schätzt Du den Ausbau derzeit in Deutschland ein? Dem Fraunhofer Institut zufolge gibt es derzeit in Deutschland für Solare Energiesysteme Solaranlagen mit einer Leistung von etwas über 56 Gigawatt. Zudem habe ich gerade gelesen, dass der Ausbau der Photovoltaik im Zeitraum Januar bis Juni in 2021 gegenüber dem Vorjahr weiter angezogen hat, etwa um 12%.

Wilfried: Das ist erfreulich, aber das reicht bei weitem nicht aus. Wie Wirtschaftsminister Altmaier erst kürzlich endlich zugab, wird der Strombedarf in den nächsten Jahren rasant ansteigen. Die notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz, die zunehmende Elektromobilität, der Einstieg in die Wasserstofftechnologie und nicht zuletzt die endlich in Angriff genommene Digitalisierung aller Bereiche haben natürlich auch einen höheren Strombedarf zur Folge und bedingen einen viel stärkeren Ausbau der regenerativen Energien. Die Bundesregierung hat diese Folgen nur ansatzweise bedacht und viel zu wenig für den Ausbau der regenerativen Energien getan.

Stefan: Ja, tatsächlich fordert der Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft das jährliche Ausbauvolumen auf mindestens zehn GW zu steigern, was im Übrigen auch Zehntausende Arbeitsplätze im Handwerk schaffen soll. Dabei könnten nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme auf und an Gebäuden etwa zwölf Mal so viele Solaranlagen Strom erzeugen wie es aktuell in Deutschland der Fall ist. Weißt Du, warum wir eigentlich nicht schon viel weiter sind mit unserer Photovoltaik?


Bild: JüMa

Wilfried: Vor 20 Jahren hatten wir einen sinnvollen Einstieg in den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik und eine Förderung durch das EEG. Nach den folgenden Regierungswechseln hat insbesondere die FDP durchgesetzt, dass sich die Rahmenbedingungen so verschlechtert haben, dass in Deutschland der Ausbau der Wind- und besonders der Solarenergie durch die seinerzeit „schwarz-gelbe“ Bundesregierung fast zum Stillstand gekommen und dann nur noch sehr schleppend verlaufen ist. Dies hat sich in den letzten Jahren zum Glück wieder verändert, aber es muss deutlich mehr getan werden, damit dies auch für Privatleute wieder attraktiver wird. Es ist zum Beispiel unverständlich, wie man einerseits die Elektromobilität fördert, aber nicht daran denkt, dass private Ladestationen in Kopplung mit Photovoltaikanlagen hier besonders sinnvoll sind. Hier kann jeder Einzelne etwas Konkretes zur Energiewende beitragen und merkt sogar, dass es sich für ihn persönlich rechnet.

Stefan: Wir GRÜNE wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können. Unser Ziel sind 1,5 Millionen Solardächer in den kommenden vier Jahren. Deshalb wollen wir Solardächer fördern und zum Standard machen. Beginnend mit Neubauten wollen wir diesen Standard perspektivisch auch auf den Bestand ausweiten. Was hältst Du davon?

Wilfried: Es kommt auf die richtige Gesamtstrategie an und dabei ist dies ein wichtiger Aspekt unter vielen, aber aus meiner Sicht ein sinnvoller. Letztlich werden dadurch die Stromkosten für den Einzelnen günstiger und langfristig rechnet sich das auf jeden Fall. Auf jeden Fall ist auf den Dächern in Deutschland noch viel ungenutztes Potential.

Stefan: Ganz einfach scheint es ja nicht zu sein, sich eine Solaranlage aufs Dach zu setzen.

Wilfried: Wenn man mit Schüler*innen solche Projekte starten kann, dann ist das so nicht richtig. Viele sehen Klimaschutz als sinnvoll an und nun kommt es nur darauf an, die Motivation zu nutzen und geeignete Hilfen anzubieten. Es wäre für viele ein erster kleiner Schritt hin zu einem geänderten Verhalten und dabei kann Hilfe in Anspruch genommen werden. Da gibt es in unserer Region unter anderem die Klimaschutzagentur oder Proklima, die hier beratend tätig sind und Anlagen sogar konkret fördern.

Stefan: Du hast aber nicht nur selbst auf Deinem Dach eine Photovoltaikanlage. Vielmehr engagierst Du Dich darüber hinaus. Was genau machst Du?

Wilfried: Wie gesagt habe ich schon als Lehrer mehrere Anlagen auf dem Dach der Schule installiert und durch die Einnahmen aus der Einspeisevergütung steht der Schule seit Jahren Geld für viele sinnvolle pädagogische Projekte zur Verfügung. Andererseits habe ich bei mir in der Straße die Nachbarn angesprochen und einen Beratungstermin mit Proklima per Zoomkonferenz angeschoben. Das Interesse ist auf jeden Fall groß und vielleicht installiert der eine oder andere Nachbar jetzt eine PV-Anlage. Letztlich wäre die Idee einer Bürgergenossenschaft im Bereich von Photovoltaik für ganz Hannover auch sehr interessant, da man dann von den großen Energiekonzernen unabhängiger werden könnte. Wir selbst haben bei uns jetzt eine wallbox installiert und uns ein Elektroauto zugelegt. Ich kann nur jedem empfehlen, die staatlichen Zuschüsse in Anspruch zu nehmen und jetzt ein altes Auto durch ein e-Auto zu ersetzen.


Bild: JüMa

Stefan: Das finde ich toll. Je mehr Bürger*innen hier aktiv sind, umso mehr können wir erreichen. Es wäre schön, wenn wir auch hier in Bothfeld-Vahrenheide mehr Solarstrom produzieren würden. Gibt es noch was, was Du uns mit auf den Weg geben möchtest?

Wilfried: Wichtig ist mir, dass sich die kommende Regierung für eine sinnvolle Zukunftsentwicklung und einen konsequenten Klimaschutz einsetzt und nicht immer nur ankündigt, aber wenig umsetzt. Auch wünsche ich mir mehr Investitionen in den vielen sozialen Bereichen, die unter dem Sparzwang oder der Privatisierung stark gelitten haben. Gerade in den Zeiten von Corona ist deutlich geworden, dass der Schulsektor, der Gesundheitssektor und Pflegebereich eine Neuausrichtung benötigt und hier der Staat mehr eingreifen und den sozialen Zusammenhalt fördern sollte. Hier sind alle Bürger*innen gefordert, sich mehr zu engagieren. Und ich hoffe natürlich, dass viele zumindest bei den anstehenden Wahlen das Kreuz an der richtigen Stelle machen. Ich mache meins bei den GRÜNEN.

Stefan: Vielen Dank für das interessante Gespräch!